„Wie eklig sind öffentliche Kinos inzwischen wirklich (Kaugummis, Schweiß, Popcorn auf Boden, Toiletten)?“

Oktober 29th, 2006 by ComancheMan

Kino Stühle

Die Meisten von uns gehen heute gerne ein paar Mal pro Jahr ins Kino. Einige Wenige sogar noch öfter. In letzter Zeit jedoch entwickelte sich diese Hochburg der visuellen Kunst zu seinem Nachteil. Mitte der Neunziger schon folgten die Leinwandbetreiber dem allgemeinem Trend des Kinos sich in Hollywood-Mainstream und europäisches Arthaus-Kino aufzuteilen und spalteten sich ebenfalls in Multiplextempel und kleine Traditionskinos auf. Das kann man jetzt bedauern oder nicht, ändern lässt sich diese in Baustruktur gemeißelte Klassifizierung des Zuschauers kaum mehr, jedenfalls nicht unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit. Da uns Riesenleinwände und digitaler Mehrkanal-Ton aber immer wieder in Großkinos ziehen, müssen wir uns aber auch mit einer zunehmenden Ungepflegtheit der Kinos auseinandersetzen. Das fängt mit Kaugummis unterm Sitz an, geht über verdreckte Fußböden bis hin zu mutwillig zerschmutzten Toiletten.Ein Grund dafür sind die Snacks, die in Kinosäle Einzug gehalten haben: Über das nicht tot zubekommende Popcorn regt sich ja schon lange niemand mehr auf. Die versalzenen Tachos mit ihren stinkenden Saucen haben sich schon fast etabliert. Vereinzelt konnte ich schon mitgebrachte Pommes oder sogar Döner beobachten. Die Sitznachbarn des Fastfood Fans können einen nur Leid tun. Noch wichtiger für das Kippen der Atmosphäre in den Lichtspielhäusern sind aber wohl Teile des aktuellen Multiplex-Publikums: Fast jedes Wochenende kann man auch in Innenstadt-Kinos einige Minderbemittelte (Idioten) beobachten, die mit ihren Proleten-Freunden nicht des Film wegen ins Kino gehen, sondern wohl eher um Langeweile totzuschlagen. Deren Besuch resultiert bei ruhigeren Szenen oft in nervendes Verhalten wie laut schlechte Witze zu reißen oder deutlich schlimmer, in Popcornwurfschlachten. Das Personal versucht oftmals sein Bestes um die Räumlichkeiten wieder zu säubern, aber bei Kaugummis, Bierflecken, zertretenem Popcorn und manchmal auch Kotze kapituliert jedes Polster irgendwann.

Als Lösung für dieses Problem ist es natürlich kaum möglich diese zahlenden Jugendlichen von Vornherein abzuweisen. Vielmehr bedarf es eines Umdenkens bzw. eines kleinen Bildungsauftrages durch die Kinobetreiber. Sie sollten sich fragen, wie lange sie noch ihre Bilanzen mit Fäkalhumor-Komödien und Plastik-Action schönen wollen. Da gerade diese Genres vornehmliches Ziel der illegalen Kopierer sind, können sie kaum die Zukunft des Kinos darstellen.

Wenn sie sich ein treues Publikum erhalten wollen, sollten sie, wenn auch nur tröpfchenweiße, mehr kleines, intelligenteres und wertiges Kino zulassen. Gute, funktionierende Beispiele für dieses Konzept sind in der Kulturbrauerei und im Collosseum an der Schönhauser schon zu finden, wenn auch zu einem etwas höherem Preis. Diese Kritik ist jetzt nicht falsch zu verstehen: Bei über 270 Leinwänden in Berlin macht Kino im richtigem Saal, mit dem richtigen Film und interessierten Zuschauern immer noch Spaß. Diesen Spaß sollten wir uns nicht kaputt machen lassen, indem wir den Popcorn-Konzepten der Betreiber folgen, sonst haben wir in zehn Jahren selbst die Schuld daran, wenn es Kino nur noch im Privaten gibt.

Kino Potsdamer Platz

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1 Comment Add your own

  • 1. nEon  |  November 28th, 2006 at 00:26

    Schöner und anregend zu lesender Text. Fand es manchmal aber etwas zuviel des guten. Aber ich denke einfach mal, dass dein Text aus den schönen oder weniger schönen Erfahrungen aus all den zig Kinojahren zusammengekommen ist. Find es somit sehr amüsant.

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